Greenwashing

Greenwashing

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Rechtsanwalt Jonas Straßer
Greenwashing: Anforderungen an Werbung mit Aussagen zu besonderer Nachhaltigkeit und besonderem Klimaschutz.
BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 – Az. I ZR 98/23 („Klimaneutral“); LG Hamburg, Urteil vom 09. August 2024 – Az. 315 O 9/24 („Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb“)

 

Greenwashing (im engeren Sinne) bezeichnet den Versuch von Werbenden, sich durch Marketingstrategien und Kommunikation umweltfreundlicher darzustellen, als sie es tatsächlich sind. Oft werde einzelne umweltfreundliche Ziele und Standards dargestellt, während gleichzeitig umweltschädliche Praktiken verschleiert werden. Mit diesem Newsletter wollen wir Ihnen anhand jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Landgerichts Hamburg gesetzliche Anforderungen an eine mit Umweltfreundlichkeit betitelte Werbung darstellen.

Gewerberecht: Beeinflussung von Verbrauchern

Klima- und Umweltschutz beeinflusst Kaufentscheidungen von Verbrauchern wesentlich (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 10. November 2022 – Az. 6 U 104/22). Marketingstrategien haben diese Relevanz längst erkannt und fokussieren Umweltfreundlichkeit in ihrer Werbung in jeder Hinsicht. Aufgrund der Relevanz für die Kaufentscheidungen von Verbrauchern entstehen immer mehr gewerberechtliche Anforderungen an eine zulässige umweltschutzführende Werbung, denn die Irreführungsgefahr ist groß. Es besteht ein gesteigertes Interesse und Aufklärungsbedürfnis über die Bedeutung und den Umfang der Werbung (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 09. August 2024 – Az. 315 O 9/24). Brisanz entsteht zugleich, denn die sich jüngst entwickelten Standards gewerberechtlicher umweltschutzführender Werbung sind wohl noch nahezu nicht berücksichtigt in der Werbung vieler Betriebe und Unternehmen. Damit besteht ein Abmahnrisiko von zugelassenen Verbraucherschutzverbänden, Mitwerber, Kunden etc.

Werbung mit der Aussage „klimaneutral“

Der Bundesgerichtshof entschied zuletzt, dass Werbung mit dem Titel „klimaneutral“ unzulässig ist (BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 – Az. I ZR 98/23). Die Feststellung beruht darauf, dass der Verbraucher die Aussage „klimaneutral“ dahingehend versteht, dass der Herstellungsprozess selbst klimaneutral ausgestaltet ist, während tatsächlich jedoch Klimaneutralität lediglich durch eine produktionsunabhängige Kompensation erreicht wurde. Der Bundesgerichtshof urteilte, dass „eine Werbung mit einem mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff (…) regelmäßig nur dann zulässig ist, wenn in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt. (…) Aufklärende Hinweise außerhalb der umweltbezogenen Werbung sind nicht ausreichend.“ (BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 98/23). Im konkreten Fall wurde dem Unternehmen untersagt, alleine mit dem Begriff Klimaneutralität zu werben, wenn jedoch Klimaneutralität nur durch Kompensation der eigenen Umweltbelastung erreicht wird.

Werbung mit der Aussage „2050 Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb (Net-zero)“

Vor gleichen Rechtsgrund hat jüngst das Landgericht Hamburg entschieden, dass die Bewerbung mit der Aussage „2050 Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb (Net-zero)“ unzulässig ist. Denn auch hier sei Irreführung gegeben aufgrund der Mehrdeutigkeit des Werbebegriffs. Das beklagte Kreuzfahrtunternehmen werbe nach Feststellung des Gerichts irreführend, denn es sei nicht erkennbar, dass im Kreuzfahrbetrieb im Jahr 2050 CO2-Emissionen vollständig vermieden werden oder nur mittels Kompensationsmaßnahmen eine ausgeglichene Bilanz entsteht. An die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen im Bereich der umweltbezogenen Werbung seien strenge Anforderungen zu stellen. Nicht selten bestehen Unklarheiten über Bedeutung und Inhalt der (…) Begriffe, weshalb im Bereich der umweltbezogenen Werbung eine Irreführungsgefahr besonders groß ist.“ (LG Hamburg, Urteil vom 09. August 2024 – Az. 315 O 9/24).

Stellungnahme

Die hier besprochenen Gerichtsurteile bringen Klarheit über die bis heute verschärften gesetzlichen Anforderungen an eine mit Umweltfreundlichkeit betitelte Werbung: Sie muss eindeutig bereits aus sich heraus sein und darf den Verbraucher weder täuschen noch sonst im Unklaren lassen. Weil schnell mit Begriffen wie „Klimaneutralität“ und „Umweltfreundlichkeit“ im Alltag geworben wird, besteht großflächig Anlass, das eigene Werbekonzept zu hinterfragen und anzupassen. Zugleich wird die Rechtsprechung im Bereich umweltbezogener Werbung weitere Entscheidungen in den nächsten Jahren mit Anforderungen an zulässige Werbung im Detail präsentieren und konkretisieren, denn gerade die mit Umweltschutz verbundene Perspektive in die Zukunft wird per se Unklarheiten mit sich bringen. Hinzu kommen einige gesetzgeberische Vorhaben, u.a. mit dem Ziel Klarheit für Unternehmen und Betriebe zu schaffen (Stichwort: Green Claims Directive). Entsprechende Vorgaben werden umgesetzt und berücksichtigt werden müssen.

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Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei vorgenannten Ausführungen lediglich um eine Momentaufnahme des aktuellen Sachstands handelt, der sich jederzeit ändern kann.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

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Das Pflichtteilsrecht

Das Pflichtteilsrecht

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Rechtsanwältin Olivia Roth
Bei der Erstellung eines Testaments oder Erbvertrags sowie bei Schenkungen dürfen die Auswirkungen auf das Pflichtteilsrecht nicht außer Acht gelassen werden. Im Folgenden gehen wir unter anderem auf das Pflichtteilsrecht, dessen Höhe, den Pflichtteilsergänzungsanspruch und auf den Pflichtteilsverzicht ein.

Was ist das Pflichtteilsrecht?

Beim Pflichtteilsrecht handelt es sich um einen gesetzlich festgelegten Mindestanteil am Erbe, der bestimmten Personen zusteht, auch wenn der Erblasser etwas Anderes im Testament oder Erbvertrag verfügt hat. Pflichtteilsberechtigte sind der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner, die (adoptierten) Kinder (bzw. bei deren Vorversterben die Enkel) sowie die Eltern des Erblassers, falls keine Kinder vorhanden sind. Der Pflichtteilsanspruch besteht in Geld und bezieht sich nicht auf konkrete Gegenstände aus dem Nachlass.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, der dem Pflichtteilsberechtigten zugestanden hätte, wenn es keine Verfügung von Todes wegen gäbe. Für die Berechnung des gesetzlichen Erbteils ist entscheidend, wie viele Abkömmlinge der Erblasser hat und in welchem Güterstand der Erblasser verheiratet ist. Ist der Erblasser beispielsweise im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet und hat zwei Kinder, beträgt der Pflichtteilsanspruch des Ehepartners ¼ und der Pflichtteilsanspruch der Kinder je 1/8.

Wer ist Pflichtteilsschuldner?

Grundsätzlich ist der Erbe oder Miterbe Pflichtteilsschuldner. Auch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch haftet zunächst primär der Erbe. Ein Anspruch gegen den Beschenkten besteht nur dann, wenn der Erbe aus Rechtsgründen zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist. Dies ist der Fall, wenn er für die Nachlassverbindlichkeiten nur beschränkt haftet und der Nachlass zur Entrichtung der Pflichtteilsergänzung nicht ausreicht. Bei bloßer Zahlungsunfähigkeit des unbeschränkt haftenden Erben besteht kein Anspruch gegen den Beschenkten. Sofern gegen den Beschenkten ein Anspruch besteht, richtet sich dieser auf Herausgabe des Geschenks oder – wenn das Geschenk nicht mehr vorhanden ist – auf Wertersatz, solange keine Entreicherung vorliegt.

Wann erfolgt eine Anrechnung auf den Pflichtteil?

Der Pflichtteilsberechtigte muss sich auf den Pflichtteil anrechnen lassen, was ihm von dem Erblasser durch Schenkung mit der Bestimmung zugewendet worden ist, dass es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. Die Anordnung hat vor oder bei Zuwendung und zu Beweiszwecken in Textform zu erfolgen. Eine nachträgliche Anordnung ist nur in notarieller Form gemeinsam mit dem Pflichtteilsberechtigten möglich.

Was ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Hat der Erblasser gegenüber einem Dritten eine Schenkung vorgenommen, kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

Der Wert der Schenkung reduziert sich jedes Jahr um 1/10, d.h. nach 10 Jahren ist eine Pflichtteilsergänzung nicht mehr möglich. Die Frist beginnt bei Schenkungen an den Ehegatten erst mit der Scheidung. Ebenso beginnt die Frist bei Schenkungen unter Vorbehalt von Nutzungsrechten, wie beispielsweise dem Nießbrauch, erst mit der Aufgabe des Rechts. Der Pflichtteilsberechtigte muss sich auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch Eigengeschenke vom Erblasser anrechnen lassen. Eine Anrechnungsanordnung ist nicht erforderlich und die 10-Jahresfrist ist unbeachtlich. Eine Anrechnung erfolgt nur auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch und reduziert nicht den ordentlichen Pflichtteil.

Was ist ein Pflichtteilsverzicht und wann ist er sinnvoll?

Ein Pflichtteilsverzicht ist eine vertragliche Vereinbarung, durch die ein Pflichtteilsberechtigter freiwillig auf seinen gesetzlichen Anspruch auf den Pflichtteil verzichtet. Dieser Verzicht muss notariell beurkundet werden, um rechtswirksam zu sein. Der Pflichtteilsverzicht kann sich auf den gesamten Pflichtteil, nur auf einen Teil davon oder nur auf einen Ergänzungsanspruch beziehen und er kann auch für zukünftige Erbfälle vereinbart werden.

Ein Pflichtteilsverzicht kann unter anderem sinnvoll sein, wenn der Großteil des Erbes in Immobilien oder Unternehmensanteilen besteht und aufgrund mangelnder Liquidität die Geltendmachung des Pflichtteils zu Zwangsverkäufen führen würde.

Mit welchem Wert ist eine Schenkung anzusetzen?

Bei der Pflichtteilsanrechnung bestimmt sich die Höhe nach dem Wert der Zuwendung zum Schenkungszeitpunkt unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist hierbei als Maßstab anzusetzen, wobei es dem Erblasser freisteht, einen niedrigeren Anrechnungswert zu bestimmen.

Bei dem Pflichtteilsergänzungsanspruch bestimmt sich die Höhe danach, ob eine verbrauchbare oder nicht verbrauchbare Sache vorliegt. Verbrauchbare Sachen wie Geld werden mit dem Wert der Zuwendung zum Schenkungszeitpunkt unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes angesetzt. Bei nicht verbrauchbaren Sachen wie Immobilien ist der Wert der Zuwendung zum Zeitpunkt des Erbfalls anzusetzen – außer der Wert zum Schenkungszeitpunkt ist unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes niedriger.

Wann verjährt der Pflichtteilsanspruch?

Der ordentliche Pflichtteilsanspruch sowie der Pflichtteilsergänzungsanspruch verjähren regelmäßig nach drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit Ende des Jahres, in dem der Erbfall stattfand und der Berechtigte von seinem Anspruch Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Ohne Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis beträgt die Verjährung 30 Jahre nach dem Erbfall.

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Urlaubswünsche – Anspruch auf Urlaubsgenehmigung?

Urlaubswünsche – Anspruch auf Urlaubsgenehmigung?

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Rechtsanwalt Jonas Straßer
Es wird Urlaubszeit und eine Vielzahl der Arbeitnehmer beabsichtigt im gleichen Zeitraum in den Urlaub zu fahren. Nicht selten entsteht (unterschwellig) Streit, welcher Arbeitnehmer Urlaub genehmigt erhält und welcher Arbeitnehmer nicht bzw. wenn, dann früher oder später. Mit diesem Newsletter wollen wir Ihnen rechtliche Hintergründe einer Urlaubsgenehmigung und der jeweiligen Zeitwünsche von Arbeitnehmern erläutern.

Anspruch auf Urlaubsgenehmigung

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsgenehmigung, und zwar für den von ihm gewünschten Zeitraum. Das Bundesarbeitsgericht erkennt stetig den Vorrang des Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers. Nur aus dringenden betrieblichen Gründen kann der Arbeitgeber einen Urlaubsantrag ablehnen, § 7 Abs. 1 S. 1 BurlG. Diese rechtfertigenden dringenden betrieblichen Gründe müssen dazu dienen, den Fortgang des Betriebsablaufs zu gewährleisten und sind beispielsweise personelle Engpässe, nicht erwartete Änderungen der Auftragslage oder konkrete Reaktionen auf Herausforderungen im Betriebsablauf.

Eine bloße Störung des Betriebsablaufs ist kein Versagungsgrund, denn zu einer Störung kommt es per se mit Urlaubsabwesenheit des Arbeitnehmers.

Vorrang anderer Arbeitnehmer

Kollidierende Urlaubszeiträume von anderen Arbeitnehmern rechtfertigen eine Versagung eines Urlaubs nur dann, wenn dringende betriebliche Gründe eine Versagung weiterhin rechtfertigen. Eine Kollision per se ist nicht ausreichend. Soweit dringende betriebliche Gründe bestehen, ist der Arbeitgeber verpflichtet zu beurteilen, wessen Wunsch unter sozialen Gesichtspunkten vorzugswürdig ist.

Maßgeblich hierbei sind beispielsweise Urlaubsmöglichkeit des Partners und der Kinder (Ferien), bisherige Urlaubsgewährung und deren Zeitwünsche, Erholungsbedürftigkeit aufgrund vorheriger hoher Anforderungen oder Krankheit, Alter und Betriebszugehörigkeit.

Keine Selbstbeurlaubung

Der Arbeitnehmer kann sich trotz Anspruchs auf Urlaubsgenehmigung nicht selbst beurlauben. Eine solche Selbstbeurlaubung ist eine Vertragsverletzung und rechtfertigt ggf. eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, Beschluss vom 22. Jan. 1998 – 2 ABR 19/97).

Urlaubserteilung des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber ist berechtigt, Urlaub für einen bestimmten Zeitraum anzuordnen. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht gehalten, diese Anordnung hinzunehmen. Er kann die Urlaubsanordnung ablehnen oder einen anderen Zeitraum beanspruchen. Dem Arbeitgeber ist geraten, vor einer vorherigen Urlaubsanordnung den Arbeitnehmer nachweislich nach den Wünschen des Arbeitnehmers zu fragen.

Unter Umständen kann sich der Arbeitgeber, soweit dann die Urlaubsanordnung durch den Arbeitnehmer abgelehnt wird, auf ein Annahmeverweigerungsrecht berufen.

Urlaub im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation

Gesetzlich zwingend ist Urlaub im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt, § 7 Abs. 1 S. 2 BurlG. Einwände gegen einen solchen Urlaubswunsch stehen dem Arbeitgeber nicht zu.

Kein Widerruf der Urlaubsgenehmigung oder Rückruf aus dem Urlaub

Nach erteilter Urlaubsgenehmigung ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, den Urlaub zu widerrufen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber anbietet, die Kosten der sodann nutzlosen Urlaubsreise zu erstatten. Eine solche Vereinbarung in Arbeitsverträgen ist unwirksam.

Ein Widerruf ist damit für den Arbeitnehmer freiwillig. Nur in besonderen existenzbedrohenden Notfällen ist im Einzelfall ein Rückruf aus dem Urlaub denkbar, soweit kein anderer Ausweg besteht. In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Kosten der nutzlosen Urlaubsreise (auch für die Familie) zu erstatten.

Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers während des Urlaubs

Eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers während der Urlaubszeit lässt den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht untergehen. Denn der Erholungseffekt, den der Gesetzgeber gesundheitspolitisch verfolgt, kann während einer Arbeitsunfähigkeit nicht erreicht werden.

Der Arbeitnehmer ist für eine Arbeitsunfähigkeit beweisbelastet; er muss demnach bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsfeststellung bewirken.

Ergänzend, insbesondere zum Verfall von Urlaubsansprüchen, verweisen wir auf unseren Newsletter „Interessante arbeitsgerichtliche Entscheidungen des Jahres 2023 aus Arbeitgebersicht“ vom Dezember 2023.

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Sondernewsletter – Versicherungsschutz bei Hochwasser

Sondernewsletter – Versicherungsschutz bei Hochwasser

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Rechtsanwalt Jonas Straßer
Das Hochwasser des vergangenen Wochenendes hat viele Menschen in ihrer Existenz getroffen: Viele Immobilien, viele Fabrik- und Betriebsgelände und viele Landflächen stehen unter Wasser. Das Hab und Gut ist getroffen und genommen.
Welche Versicherungen welche Schäden decken und welche Tipps für eine spätere Regulierung hilfreich sind, wollen wir Ihnen in Kürze darstellen:

Wohngebäudeversicherung: Gebäudeschaden

Ihre Wohngebäudeversicherung übernimmt Schäden an Ihren Gebäuden. Entweder wird eine entsprechende Reparatur übernommen oder, soweit ein Totalschaden besteht, eine entsprechende Wiederbeschaffung (bis hin zu Abriss und Wiederaufbau).

Der Versicherungsumfang schließt damit beispielsweise eine Gebäudetrocknung, Schimmelbeseitigung und eine Ersatzunterkunft mit ein. Voraussetzung ist jedoch, dass eine zusätzliche Elementarschadenversicherung vereinbart und abgeschlossen wurde, denn nur diese sichert Hochwasser als Schadensursache ab.

Ausnahme: Grundwasser

In vielen Versicherungsfällen wird eine Ausnahme im Hinblick auf den Eintritt von Grundwasser durch die jeweiligen Versicherer eingewendet werden, denn hier liegt die Ursache nicht darin, dass überirdisch durch Hochwasser ein entsprechender Wassereintritt erfolgte. Diese Grundwasser-Schadensfälle sind von der Versicherungsleistung ausgenommen, auch wenn die tatsächliche Ursache ebenfalls in einem vorherigem Regen liegt.

Hausratversicherung: Möbel, Bargeld, etc.

In Ergänzung zu einer Wohngebäudeversicherung versichert eine Hausratversicherung solche beweglichen Gegenstände, die nicht fest mit dem Gebäude verbunden sind, u.a. Schmuck, Möbel, technische Geräte, Bargeld, etc. Je nach Versicherungsverhältnis sind auch bewegliche Gegenstände an anderen Orten vom Versicherungsverhältnis miterfasst.

Für den Versicherungsschutz gegen Hochwasser ist auch hier der Zusatz einer Elementarschadenversicherung erforderlich.

Teil- oder Vollkaskoversicherung: Automobil

Fahrzeugschäden aufgrund von Hochwasser sind über Teil- und Vollkaskoversicherungen versichert, wenn das Fahrzeug abgestellt war und vom Hochwasser betroffen ist. Soweit das Fahrzeug in das Wasser bewegt wurde (z.B. beim Durchfahren einer Wasserfläche) wird dem Fahrzeugführer Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. In diesem Fall ist mit Kürzungen oder sogar einem Verlust der Versicherungsleistung zu rechnen. Soweit das Fahrzeug im Wasser stand, starten Sie es allein in Rücksprache mit einem Fachmann.

Beweissicherung

Beschädigte und wertvolle Gegenstände sind erst nach schriftlicher/textlicher Absprache mit dem jeweiligen Versicherer zu entsorgen. Bestenfalls trägt Ihr Versicherer die Kosten von einem durch Sie beauftragten Sachverständigen oder stellt einen Sachverständigen auf eigene Kosten zur Verfügung, wobei hierbei zu berücksichtigen ist, dass die Sachverständigen durch den jeweiligen Versicherer beauftragt werden und das Ergebnis von Ihnen zumindest kritisch geprüft werden sollte.

Nur bei Berücksichtigung kann eine Beweisführung im Hinblick auf Schadenseintritt und -höhe zuverlässig erfolgen. Zumindest sind in jedem Falle Lichtbildaufnahmen zu fertigen, Zeugen (Nachbarn) hinzuzuziehen und ein Protokoll zu erstellen. Zudem empfehlen wir Lichtbildaufnahmen von Wasserständen, Pegelständen o.Ä. zu fertigen.

Anzeige- und Schadenminderungspflicht

Aus dem Versicherungsvertrag mit Ihrem Versicherer sind Sie zur unverzüglichen Schadensanzeige gegenüber Ihrem Versicherer verpflichtet. Zudem obliegt Ihnen eine Schadensminderungspflicht, d. h. Sie sind verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten und weitere Schäden – soweit möglich – abzuwenden, z.B. durch Veranlassung des Abpumpens des Kellers (auch ohne Rücksprache mit dem Versicherer).

Diese Bestrebungen sind ebenfalls zu dokumentieren. Sie müssen sich hierbei jedoch keinesfalls in Lebensgefahr begeben.

Betroffen und die Versicherung bezahlt nicht?

Die jeweiligen Versicherer werden aufgrund der Vielzahl der Schadensfälle entsprechend verlängerte Bearbeitungszeiten benötigen.

Im Einzelfall bieten Versicherer zur Schadensbegutachtung entsprechende örtliche Sachverständigenstellen an, bei denen man kurzfristig eine Schadensermittlung erhalten kann.

Soweit der Versicherer Ihre Ansprüche ablehnt, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Das Berliner Testament

Das Berliner Testament

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Rechtsanwältin Olivia Roth
Das Berliner Testament ist ein Begriff, der Vielen im Zusammenhang mit der Nachfolgeplanung begegnet. Doch was genau ist ein Berliner Testament?
Im Folgenden möchten wir unter anderem auf die Voraussetzungen, den Inhalt und die Änderungsmöglichkeiten eines Berliner Testaments eingehen.

Was ist ein Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist eine Sonderform des gemeinschaftlichen Testaments, wonach sich Eheleute gegenseitig als Alleinerben und Dritte, regelmäßig die gemeinsamen Kinder, als Schlusserben einsetzen.

Voraussetzungen und Form

Ein gemeinschaftliches Testament ist ausschließlich Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern vorbehalten. Unverheiratete oder verlobte Paare können kein gemeinschaftliches Testament errichten.

Für ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament ist es ausreichend, wenn ein Ehegatte dieses handschriftlich verfasst und unterschreibt und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung mit Zeit und Ort unterzeichnet. Das gemeinschaftliche Testament kann auch notariell beurkundet werden.

Inhalt und Wechselbezüglichkeit

Neben der Erbeinsetzung können Vermächtnisse, Auflagen und die Wahl des anzuwendenden Erbrechts vereinbart werden.
Im Berliner Testament ist zwischen wechselbezüglichen und einseitigen Verfügungen zu unterscheiden. Wechselbezügliche Verfügungen sind solche, die ein Ehegatte nur aufgrund der Verfügung des anderen Ehegatten getroffen hat. Bei der gegenseitigen Erbeinsetzung wird grundsätzlich eine wechselbezügliche Verfügung angenommen.

Einseitige Verfügungen sind solche, die der Erblasser ohne Abhängigkeit zu einer Verfügung des anderen Ehepartners trifft.
Zur Klarstellung und Vermeidung von Streitigkeiten sollten wechselbezügliche sowie einseitige Verfügungen ausdrücklich als solche im Testament benannt werden.

Pflichtteilsanspruch

Beim Tod des ersten Elternteils werden die Kinder aufgrund der gegenseitigen Erbeinsetzung der Eltern nicht Erbe und haben daher einen Anspruch auf ihren Pflichtteil. Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Für die Bestimmung des gesetzlichen Erbteils ist wiederum entscheidend, wie viele Abkömmlinge der Erblasser hat und in welchem Güterstand der Erblasser verheiratet war.

Die Geltendmachung des Pflichtteils beim ersten Todesfall kann zu Liquidationsschwierigkeiten des Erben führen, insbesondere wenn der Nachlass überwiegend aus Immobilien sowie Unternehmensbeteiligungen besteht. Um einen Zwangsverkauf zu verhindern, bietet sich die Aufnahme einer sogenannten Pflichtteilsstrafklausel an. Danach wird das Kind, welches im ersten Erbfall seinen Pflichtteil geltend gemacht hat, im zweiten Erbfall von der Erbfolge ausgeschlossen und erhält somit ebenfalls nur seinen Pflichtteil.

Klauseln

Neben der angesprochenen Pflichtteilsstrafklausel können weitere Vereinbarungen sinnvoll sein. In der Praxis wird regelmäßig das Anfechtungsrecht wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten ausgeschlossen. Sollte der Längerlebende erneut heiraten, steht diesem sowie dem neuen Ehepartner gesetzlich das Recht zu, das gemeinschaftliche Testament mit dem vorverstorbenen Ehepartner anzufechten.

Meistens steht es jedoch im Interesse der Ehepartner, über den Tod hinaus an der Schlusserbeneinsetzung im Berliner Testament festzuhalten, auch wenn ein neuer Ehepartner ins Leben des Längerlebenden tritt. Insoweit sollte das Anfechtungsrecht ausgeschlossen werden.

Das Supervermächtnis

Das Berliner Testament hat den steuerrechtlichen Nachteil, dass die Freibeträge der Kinder grundsätzlich nicht ausgeschöpft werden. Um diesem ungünstigen Umstand entgegenzuwirken, hat sich in der Praxis das Gestaltungsmittel Supervermächtnis herausgebildet. Beim Supervermächtnis handelt es sich um ein Vermächtnis, das dem Erben das Recht einräumt, unter anderem aus einem vorher festgelegtem Kreis den oder die Vermächtnisnehmer auszuwählen und den Vermächtnisgegenstand sowie den Leistungszeitpunkt festzulegen.

Der Vorteil am Supervermächtnis ist die bestmögliche Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge ohne Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Freiheit des überlebenden Ehegatten.

Änderung

Einseitige Verfügungen können von jedem Ehepartner jederzeit geändert werden. Bei wechselseitigen Verfügungen ist eine Änderung nur gemeinsam möglich. Allerdings kann jeder Ehepartner zu Lebzeiten durch eine notariell beurkundete Erklärung zurücktreten.

Der Widerruf einer wechselseitigen Verfügung führt zur Unwirksamkeit der anderen. Soll der überlebende Ehepartner die Schlusserbeneinsetzung oder Vermächtnisse nach dem Tod des Erstversterbenden ändern können, sollte eine eindeutige Regelung im Testament aufgenommen werden. Insoweit besteht die Möglichkeit, die Änderungsbefugnis einzuschränken, indem beispielsweise nur die gemeinsamen Abkömmlinge als Schlusserben eingesetzt werden können.

Trennung und Scheidung

Das Berliner Testament verliert seine Wirksamkeit, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst wurde oder dieser einen Antrag auf Scheidung gestellt hat bzw. diesem förmlich zugestimmt hat und der Antrag Erfolg gehabt hätte. Es sei denn, der Erblasser wollte die Wirksamkeit des Berliner Testaments auch in diesen Fällen. Der Aufrechterhaltungswille ist bestenfalls ausdrücklich im Testament festzuhalten.

Allein eine Trennung reicht nicht aus, um das Berliner Testament für unwirksam zu erklären.
Insoweit müssen die getrennten Eheleute das Berliner Testament gemeinsam aufheben. Möchte nur ein Ehegatte den Widerruf, so ist dem anderen Ehepartner eine notariell beurkundete Widerrufserklärung zuzustellen.

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Das Berliner Testament

Sondernewsletter – Achtung: Vorsicht vor Betrugsfalle bei Manipulation von Rechnungsschriften

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Wolfgang Leeb
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Wirtschaftsprüfer Wolfgang Leeb
und Rechtsanwalt Jonas Straßer
Nunmehr ist wiederholt bei mehreren unserer Mandanten eine neuartige Betrugsfalle aufgetreten, die besonders heimtückisch vorgeht. Wir nehmen diese Entwicklung zum Anlass, Sie auf diese Betrugsfalle hinzuweisen.

Vorgang

Ihr E-Mail-System oder das E-Mail-System Ihres Geschäftspartners wurde infiziert. Die Betrüger fangen eine E-Mail mit Rechnungsschrift ab, ändern hierin die Bankverbindung und leiten die E-Mail mit Rechnungsschrift und geänderter Bankverbindung sodann an den Adressaten weiter. Der Adressat überweist das Geld an den vermeintlichen Rechnungssteller, tatsächlich jedoch auf die fehlerhafte Bankverbindung der Betrüger.

Die Folge ist, entweder Sie bezahlen auf eine fehlerhafte Bankverbindung oder Ihr Kunde überweist anstelle an Sie auf eine fehlerhafte Bankverbindung. Die Geldleistung ist in jedem Fall weg und Sie streiten sich mit Ihrem Vertragspartner über Ihren Schaden.

Fehlende Erkennbarkeit

Der Vorgang ist für Sie nahezu nicht erkenntlich. Der Austausch der Bankverbindung (IBAN und BIC) erfolgt im gleichen Design der Rechnungsschrift (gleiche Schriftart, gleiche Größe). Die Rechnungsschrift bleibt im Übrigen unberührt. Hinzu kommt, dass Sie gerade im Falle einer kürzlich vorherigen Absprache und/oder einem kürzlich vorherigen Vertragsschluss mit Ihrem Geschäftspartner die Rechnungsschrift normalerweise für authentisch und korrekt erachten.

Prävention

Schutz vor dieser Betrugsfalle bietet alleine auf bereits zuvor in Schriftform mittels Postsendung mitgeteilte Bankverbindungen zu leisten / zu überweisen oder die Bankverbindung – insbesondere bei einer Mitteilung der Änderung durch Ihren Geschäftspartner – auf andere Weise zu prüfen (z.B. mit telefonischer Nachfrage). Damit geht die nachträgliche Manipulation ins Leere.

In der Regel: Kein (Cyber-)Versicherungsschutz

Ein Versicherungsschutz für solche Betrugsfälle besteht in der Regel nicht. Die meisten (Cyber-)Versicherer lehnen für solche Vertrauensschäden durch Dritte jegliche Haftung ab, weil Anspruchsvoraussetzung eine vorherige Netzwerksicherheitsverletzung der eigenen Person ist, die durch diese Betrugsfalle entweder nicht erfolgt (Infizierung des E-Mail-System Ihres Geschäftspartners) oder kaum nachweisbar sein wird (Infizierung Ihres E-Mail-Systems). Der bloße Zugang einer fehlerhaften Rechnung bei Ihnen ist wie ein verfänglicher Telefonanruf kein Angriff auf die eigene Netzwerksicherheit.

Was tun, wenn betroffen?

Sind Sie Betroffener, wenden Sie sich bitte sofort an die nächste Polizeidienststelle. Die Polizeidienststelle wird in solchen Fällen unverzüglich Kontakt mit der entsprechenden Geldwäschestelle der Empfängerbank aufnehmen und einen Wegtransfer der Geldleistung verhindern, soweit noch möglich. Die Empfängerbank erstattet Ihnen – nach einiger Wartezeit aufgrund einer in diesen Fällen üblichen strafrechtlichen Beschlagnahmeanordnung zur allgemeinen Sicherung – einen noch gestoppten Betrag später zurück. Oftmals ist jedoch die vollständige Geldleistung binnen weniger Minuten nach Zugang bei der Empfängerbank bereits wegtransferiert in Drittländer; Chancen auf Rückerstattung bestehen daher kaum.

Strafverfolgung

Eine Strafverfolgung bleibt in aller Regel erfolglos. Die Betrüger bleiben im Hintergrund, da hier bei der Empfängerbank als auch für die Drittländer Bankverbindungen benutzt werden, die ohne sich bei den entsprechenden Bankhäusern amtlich auszuweisen, erstellt werden.

Für Rückfragen erreichen Sie uns gerne:

Ott & Partner RA StB WP CPA
Frau Rechtsanwaltsfachangestellte Bianka Ditschek
0821 50301-282
ditschek@ott-partner.de

 

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei vorgenannten Ausführungen lediglich um eine Momentaufnahme des aktuellen Sachstands handelt, der sich jederzeit ändern kann.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

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Das Berliner Testament

Straftatbestände eines Unternehmers – Teil 2

mitarbeiter jonas strasser
Rechtsanwalt Jonas Straßer
Der Alltag von Unternehmern und Geschäftsführern ist von Eile, Verantwortung und Entscheidungskompetenz geprägt. Viel Kommunikation, Vertrauen zu Mitarbeitern und klare Regeln sind heute unerlässlich, um den eigenen Betrieb und das Geschäft zu führen.
Gleichzeitig besteht hierdurch eine Vielzahl von Fallstricken, die man in all dem Trubel schnell aus dem Blick verlieren kann – eine Gelegenheit für uns, in der folgenden Serie von Newslettern ausgewählte Straftatbestände, die insbesondere für Unternehmer und Geschäftsführer relevant sind, zu benennen und zu erläutern.

Insolvenzverschleppung, § 15a Abs. 4 InsO

Im Fall einer Insolvenz(-reife), das heißt, wenn Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können, sind juristische Personen, damit insbesondere Kapitalgesellschaften, bzw. deren Organe, verpflichtet, fristgebunden einen Insolvenzantrag zu stellen. Kommt man dieser Pflicht nicht nach, macht man sich der Insolvenzverschleppung schuldig. Die Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen zu können, liegt vor im Fall der

  • Zahlungsunfähigkeit, das heißt die heute fälligen Zahlungspflichten können nicht mehr bezahlt werden,
  • drohenden Zahlungsunfähigkeit, das heißt die künftig fälligen Zahlungspflichten können zum Zeitpunkt ihrer künftigen Fälligkeit voraussichtlich nicht mehr bezahlt werden, sowie
  • Überschuldung, das heißt das Vermögen reicht nicht aus, um die Verbindlichkeiten zu bezahlen, es sei denn, eine Fortführung des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich.

Der Antrag ist zudem richtig zu stellen; ein fehlerhafter Antrag führt weiter zu Strafbarkeit. Die Antragsfrist beträgt drei Wochen, im Falle einer Überschuldung sechs Wochen. Voraus geht zugleich die Pflicht, die Insolvenzreife des Unternehmens frühzeitig zu erkennen; eine Exkulpation, man hätte die Insolvenz nicht rechtzeitig erkannt oder geprüft, ist demnach ausgeschlossen. In diesem Fall liegt ein „schuldhaftes Zögern“ vor. Antragsverpflichtet sind die Mitglieder der Organe der Gesellschaft bzw. die Liquidatoren; konkret meint dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben Geschäftsführern und Vorständen auch Gesellschafter. Die Beurteilung der Fortführungsprognose im Fall einer Überschuldung ist keine einfache Annahme, sondern setzt eine vollständige Bewertung eines Wirtschaftsprüfers voraus. Der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung als Bestandteil des Insolvenzstrafrechts ist von besonderer Bedeutung, weil die Insolvenzgerichte von Amts wegen jedes Insolvenzverfahren an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zur Prüfung weiterleiten. Hinzu kommt eine Durchgriffshaftung Dritter auf das Privatvermögen der Antragsverpflichteten. Der Straftatbestand kann vorsätzlich und fahrlässig erfüllt werden. Der Versuch ist strafbar.

Bankrott, § 283 StGB

Das Insolvenzstrafrecht knüpft an folgende Handlungen im Falle des Bestehens einer Insolvenz(-reife), mithin im Falle einer Zahlungsunfähigkeit, einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder einer Überschuldung (vgl. oben), oder an ein Herbeiführen der Insolvenz erst durch folgende Handlungen den Straftatbestand des Bankrotts an:

  • Beiseiteschaffen, Verheimlichen oder Zerstören, Beschädigen und Unbrauchbarmachen von Vermögensgegenständen,
  • Vornahme von Verlustgeschäften, Spekulationsgeschäften, Differenzgeschäften (entsprechende Spekulationsgeschäfte, die auf die Lieferung von Waren gerichtet sind, jedoch eigentlich auf die Realisierung eines Gewinns aufgrund Marktschwankungen abzielen) sowie unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel, Wette,
  • Vortäuschen und Anerkennung von Scheingeschäften
  • Nichtführen von Handelsbüchern trotz Verpflichtung, mangelhafte Führung oder Veränderung von Handelsbüchern, Beiseiteschaffen, Verheimlichen, Zerstören oder Beschädigen von Handelsbüchern, Aufstellen von Bilanzen entgegen dem Handelsrecht bzw. Nichtaufstellen einer Bilanz, und
  • Verringerung oder Verheimlichung und Verschleierung von Vermögensgegenständen und geschäftlichen Verhältnissen in anderer Weise.

Voraussetzung der Strafbarkeit ist weiter die (später eingetretene) erfolgte Einstellung von Zahlungen (meist faktisch durch das Aufhören von Zahlungsvorgängen), die Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens und/oder die gerichtliche Abweisung des Insolvenzantrags mangels Insolvenzmasse. Der Straftatbestand kann vorsätzlich und fahrlässig erfüllt werden. Der Versuch ist strafbar.

Schuldnerbegünstigung, § 283d StGB

Für den Fall, dass nicht der in der Krise Befindliche, sondern ein Dritter den Tatbestand des Bankrotts gem. § 283 StGB erfüllt und damit auf Kosten der Gläubiger einen Sondervorteil dem Krisenbefangenen verschaffen will, sieht das Strafgesetz den Straftatbestand der Schuldnerbegünstigung vor. Strafbar ist sowohl eine Handlung mit Einwilligung des Krisenbefangenen, gegeben bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit sowie bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, als auch die Handlung zugunsten des Krisenbefangenen, mithin in und für dessen Interesse, gegeben bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Voraussetzung der Strafbarkeit ist weiter die (später eingetretene) erfolgte Einstellung von Zahlungen, die Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens und/oder die gerichtliche Abweisung des Insolvenzantrags mangels Insolvenzmasse. Der Versuch ist strafbar.

Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB

Die Gläubigerbegünstigung knüpft an den Tatbestand des Bankrotts an, und führt im Falle der Tatbestandserfüllung zu einer milderen Strafe. Dies ist im Fall der Gläubigerbegünstigung gegeben, solange die Begünstigung die gleichmäßige Befriedigung der Gesamtgläubiger beeinträchtigt, jedoch die Insolvenzmasse hierüber hinaus nicht schädigt. Tathandlung ist nach Eintritt der Insolvenz(-reife) das Gewähren von Sicherheiten oder Befriedigen des Gläubigers, und zwar quotenmäßig begünstigt gegenüber anderen Gläubigern (sog. inkongruente Deckung). Voraussetzung ist die Insolvenz-(reife) sowie weiter die (später eingetretene) erfolgte Einstellung von Zahlungen, die Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens und/oder die gerichtliche Abweisung des Insolvenzantrags mangels Insolvenzmasse. Der Versuch ist strafbar.

Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB

Neben dem Bankrott stellt die Verletzung der Buchführungspflicht einen eigenständigen Strafbarkeitstatbestand dar, der nicht das Bestehen einer Insolvenz(-reife) wie der Bankrott voraussetzt. Mithin ist das Nichtführen von Handelsbüchern trotz Verpflichtung, mangelhafte Führung oder Veränderung von Handelsbüchern, Beiseiteschaffen, Verheimlichen, Zerstören oder Beschädigen von Handelsbüchern, Aufstellen von Bilanzen entgegen dem Handelsrecht bzw. Nichtaufstellen einer Bilanz (vgl. oben) auch ohne Insolvenz(-reife) zum Tattag strafbar. Jedoch bedarf es einer Beziehung der Tatbestandshandlungen (insbesondere z.B. Motiv) für die ebenfalls hier erforderliche (später eingetretene) erfolgte Einstellung von Zahlungen, die (spätere) Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens und/oder die (spätere) gerichtliche Abweisung des Insolvenzantrags mangels Insolvenzmasse. Der Straftatbestand kann vorsätzlich und fahrlässig erfüllt werden.

Häufig werden im Falle einer der vorstehenden Strafbarkeitshandlungen noch weitere Strafbarkeitshandlungen vorgenommen, insbesondere das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gem. § 266 StGB sowie des Betrugs gem. § 263 StGB. Hierzu sei auf unseren Newsletter „Straftatbestände eines Unternehmers – Teil I“ vom Februar 2024 verwiesen.

Weitere Straftatbestände werden im Rahmen dieser Serie von Newslettern gesondert erläutert.

Weitergehende Rechtsfolgen einer Straftat

Bei der Bewertung der Rechtsfolgen einer Straftat darf nicht alleine auf die drohende Höhe eines Strafausspruchs des Gerichts abgestellt werden. Das Gesetz knüpft in zahlreichen Konstellationen an etwaige Verurteilungen an und setzt bereits gesetzlich Rechtsfolgen. Beispielsweise können verurteilte Straftäter u.U. nicht Geschäftsführer einer GmbH sein (§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG), es kann der Entzug einer Waffenerlaubnis oder der Entzug einer Jagderlaubnis erfolgen oder die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden nach § 35 GewO kann erkannt werden.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass hier nur ein ausgewählter Auszug von Straftatbeständen erläutert wird. Die Ausführungen sind nicht vollständig. Insbesondere ist zugleich zu beachten, dass nicht nur die Verwirklichung der Tat selbst bestehen kann, sondern auch strafbewährte Konstellationen der Anstiftung, Beihilfe und Mittäterschaft.

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Das Berliner Testament

Tod des Alleingesellschafter-Geschäftsführers

Rechtsanwältin Olivia Roth
Der Alleingesellschafter einer GmbH, der zugleich alleiniger Geschäftsführer ist, genießt im Rahmen der Gesetze unternehmerische Freiheit. Bei Versterben des Alleingesellschafter-Geschäftsführers stehen die Erben jedoch vor der Schwierigkeit, die Handlungsfähigkeit der GmbH weiterhin zu gewährleisten.
Im Folgenden möchten wir Sie auf die Folgen des Todes des Alleingesellschafter-Geschäftsführers sowie verschiedene Vorsorgemöglichkeiten hinweisen.

Tod des Alleingesellschafter-Geschäftsführers

Mit dem Tod des einzigen Geschäftsführers hat die GmbH keinen Vertreter mehr und ist führungslos. Handelt es sich bei dem verstorbenen Geschäftsführer zugleich um den Alleingesellschafter, stehen die Erben vor einem zu überwältigenden Problem. Stirbt der einzige Geschäftsführer, haben die Gesellschafter grundsätzlich in der Gesellschafterversammlung einen neuen Geschäftsführer zu berufen. Besteht Personenidentität, gibt es jedoch keinen Gesellschafter, der einen neuen Geschäftsführer berufen könnte. Die Erben treten zwar kraft Universalsukzession automatisch in die Gesellschafterstellung ein, gelten jedoch gegenüber der GmbH erst mit Eintragung der neuen Gesellschafterliste ins Handelsregister als Gesellschafter. Die Gesellschafterliste kann wiederum nur vom Geschäftsführer eingereicht werden, den es nicht gibt. Folglich ist die GmbH handlungsunfähig, da es keinen Geschäftsführer gibt und die Erben mangels Eintragung in der Gesellschafterliste, welche der (nicht vorhandene) Geschäftsführer einzureichen hat, keinen neuen Geschäftsführer berufen können.

Rechtliche Lösung

Das OLG Köln (Beschluss vom 27.06.2019, Az. 18 Wx 11/19) hat entschieden, dass in der beschriebenen Konstellation analog § 29 BGB ein Notgeschäftsführer durch das Amtsgericht bestellt werden kann. Der Aufgabenbereich des Notgeschäftsführers ist auf die Änderung der Gesellschafterliste und die Einberufung der Gesellschafterversammlung beschränkt. Die Bestellung des Notgeschäftsführers erfolgt auf Antrag der Erben und kann mehrere Wochen dauern. Insofern ist es sinnvoll, bereits zu Lebzeiten eine Lösung parat zu haben.

Vollmachtlösung

Eine vorausschauende Lösung besteht in der Erteilung einer postmortalen oder transmortalen Vollmacht zugunsten der Erben. Durch die Vollmacht, welche nach bzw. über den Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers hinaus wirksam ist, erhalten die Erben das Recht, Gesellschafterrechte auszuüben und einen neuen Geschäftsführer bestellen zu können. Dieser wiederum kann eine aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einreichen. Die Stimmrechtsvollmacht bedarf nach § 47 Abs. 3 GmbHG der Textform, d. h. sie kann auch per E-Mail oder WhatsApp-Nachricht erteilt werden. Aus Beweisgründen sollte die Erteilung der Vollmacht jedoch in Schriftform vorgenommen werden.

Organschaftliche Lösung

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Aufnahme eines zusätzlichen Gesellschafters oder Geschäftsführers zu Lebzeiten. Der Eintritt einer weiteren Person ist einschränkender als die Erteilung einer Vollmacht, kann jedoch auch als Chance für die Einarbeitung und Bewährung der Erben und damit künftigen Gesellschafter gesehen werden. Die Durchsetzungsfähigkeit des ursprünglichen Alleingesellschafters kann durch gesellschaftsvertragliche Regelungen, wie z. B. über das Stimmrecht, gewährleistet werden. Bei einem weiteren Geschäftsführer besteht die Möglichkeit, diesem nur Gesamtvertretungsbefugnis zu erteilen, solange der ursprüngliche Alleingesellschafter-Geschäftsführer tätig ist.

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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

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Das Berliner Testament

Straftatbestände eines Unternehmers – Teil 1

mitarbeiter jonas strasser
Rechtsanwalt Jonas Straßer
Der Alltag von Unternehmern und Geschäftsführern ist von Eile, Verantwortung und Entscheidungskompetenz geprägt. Viel Kommunikation, Vertrauen zu Mitarbeitern und klare Regeln sind heute unerlässlich, um den eigenen Betrieb und das Geschäft zu führen.
Gleichzeitig besteht hierdurch eine Vielzahl von Fallstricken, die man in all dem Trubel schnell aus dem Blick verlieren kann – eine Gelegenheit für uns, in der folgenden Serie von Newslettern ausgewählte Straftatbestände, die insbesondere für Unternehmer und Geschäftsführer relevant sind, zu benennen und zu erläutern.

Untreue, § 266 StGB

Mit dem Untreuestraftatbestand gem. § 266 StGB (zusammen mit Betrug gem. § 263 StGB) sieht der Gesetzgeber die zentrale strafrechtliche Regelung zur Sicherung fremden Vermögens eines Treugebers vor (vgl. BGH, 17. November 1955 – Az. 3 StR 234/55). Voraussetzung ist hierbei (i.d.R.), dass ein Dritter eine Pflicht zur Vermögensbetreuung gesetzlich oder vertraglich begründet trägt. Insbesondere ein Geschäftsführer oder ein faktischer Geschäftsführer z. B. trägt die Vermögensbetreuungspflicht für die Gesellschaft, selbst wenn er geschäftsführender Alleingesellschafter ist (vgl. BGH, 20. Mai 1981 – Az. 3 StR 94/81). Tatbestandlich ist sowohl der Missbrauch einer eingeräumten Befugnis (Missbrauchstatbestand), als auch der Missbrauch der tatsächlichen Einwirkungsmacht (Treubruchtatbestand) erfasst. Beispiele sind Haushalts- und Amtsuntreue, Risikogeschäfte, sog. „Schwarze Kassen“, Kreditbewilligungen oder auch fehlende wirtschaftliche Planung. Eine rechtfertigende Einwilligung ist denkbar, wenn alle Gesellschafter unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung zustimmen und das Stammkapital der Gesellschaft nicht beeinträchtigt wird oder die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft nicht auf andere Weise gefährdet wird.

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a StGB

Der Arbeitgeber ist arbeits- und sozialversicherungsrechtlich verpflichtet, Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung abzuführen. Der Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gem. 266a StGB stellt einen Verstoß gegen diese Pflichten im Rahmen der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung zusätzlich unter Strafe. Geschuldete Beiträge sind alleine Arbeitnehmeranteile, für die der Arbeitgeber haftet und die bei der Auszahlung des Arbeitslohns zum Abzug berechtigen. Der Straftatbestand wird bei Scheinselbstständigkeit (hier neben Steuerhinterziehung) insbesondere verwirklicht und kann zudem bereits verwirklicht sein, selbst wenn Arbeitslohn ausbezahlt wird. Weil ein Verdacht der Tatbestandsverwirklichung durch verschiedene Stellen und in unterschiedlichen Konstellationen auftreten und gemeldet werden kann (Fragebögen der Krankenkassen, Meldungen der Rentenversicherungen, Zollprüfungen, Insolvenz etc.), stellt das fehlende Abführen von Arbeitnehmerbeiträgen einen der am häufigsten verfolgten Straftatbestände in der Bundesrepublik Deutschland dar. Täter können die vertretungsberechtigten Organe (Geschäftsführer), Beauftragte oder deren gleichgestellte Personen sein. Fehlende Liquidität lässt im Übrigen den Straftatbestand nicht entfallen; hier hat der Arbeitgeber seine Zahlungsunfähigkeit sofort zu offenbaren. Eine Rechtfertigung durch die Einwilligung des Arbeitsnehmers kann – zur Bekämpfung von sog. Schwarzarbeit – nicht erfolgen.

Versicherungsmissbrauch, § 265 StGB

Der Straftatbestand des Versicherungsmissbrauchs gem. § 265 StGB schützt die Sachversicherungen vor einem betrügerischen Vortäuschen von Versicherungsfällen. Tathandlungen sind alle Handlungen, die den Eintritt des Versicherungsfalls bewirken, etwa eine Beschädigung, eine Zerstörung, eine Beeinträchtigung der Brauchbarkeit und auch ein Beiseiteschaffen der versicherten Sache. Auch der Versuch ist strafbar, etwa wenn eine Tathandlung mit Vorhaben, im Anschluss eine Versicherungsleistung zu erhalten, vorgenommen wird.

Betrug, § 263 StGB

Mit dem Straftatbestand des Betrugs schützt der Gesetzgeber das Vermögen und damit alle wirtschaftlichen Güter, die nach der Rechtsordnung einer natürlichen oder juristischen Person (oder dem Staat) zugeordnet sind (vgl. BGH, 18. Juli 1961 – Az. 1 StR 606/60). Für den Straftatbestand verwirklicht eine natürliche Person eine Täuschungshandlung über Tatsachen, über die der Getäuschte irrt und dadurch über Vermögensgegenstände verfügt, welche Verfügung sodann zu einem Schaden bei dem Getäuschten oder Dritten führt. Täuschungshandlungen sind etwa das Vorspielen unwahrer Tatsachen, das Entstellen wahrer Tatsachen oder das Unterdrücken wahrer Tatsachen. Auch durch ein Unterlassen kann bei einer entsprechenden gesetzlichen oder vertraglichen sog. Garantenstellung eine Täuschung erfolgen, etwa bei Unterlassen der Anzeige von erheblichen Umständen eines Versicherungsnehmers, da dieser zur Anzeige solcher Umstände gesetzlich verpflichtet ist.

Computerbetrug, § 263a StGB

Da der Straftatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB den Irrtum eines Menschen voraussetzt, ergänzt der Gesetzgeber mit dem Straftatbestand des Computerbetrugs gem. § 263a StGB die entsprechende Strafbarkeitslücke des Irrtums eines Datenverarbeitungsvorgangs. Tathandlungen hierbei sind das unrichtige Gestalten eines Programms, das Verwenden unrichtiger oder unvollständiger Daten oder das unbefugte Verwenden von Daten. Konkrete Beispiele sind das Verwenden einer rechtwidrig erlangten EC-Karte oder die Benutzung einer manipulierten EC-Karte am Geldautomaten.

Die weiteren Straftatbestände werden im Rahmen dieser Serie von Newslettern gesondert erläutert.

Weitergehende Rechtsfolgen einer Straftat

Bei der Bewertung der Rechtsfolgen einer Straftat darf nicht alleine auf die drohende Höhe eines Strafausspruchs des Gerichts abgestellt werden. Das Gesetz knüpft in zahlreichen Konstellationen an etwaige Verurteilungen an und setzt bereits gesetzlich Rechtsfolgen. Beispielsweise können verurteilte Straftäter u.U. nicht Geschäftsführer einer GmbH sein, es kann der Entzug einer Waffenerlaubnis oder der Entzug einer Jagderlaubnis erfolgen oder die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden nach § 35 GewO kann erkannt werden.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass hier nur ein ausgewählter Auszug von Straftatbeständen erläutert wird. Die Ausführungen sind nicht vollständig. Insbesondere ist zugleich zu beachten, dass nicht nur die Verwirklichung der Tat selbst bestehen kann, sondern auch strafbewährte Konstellationen der Anstiftung, Beihilfe und Mittäterschaft.

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Das Berliner Testament

Digitaler Nachlass

Rechtsanwältin Olivia Roth
Das Verschicken von E-Mails, das Posten in sozialen Netzwerken und die Nutzung von Online-Bezahldiensten gehört für die meisten Menschen zu ihrem alltäglichen Leben.
Wenige machen sich jedoch zu Lebzeiten darüber Gedanken, was nach ihrem Tod mit ihren digitalen Lebensinhalten geschehen soll.
Im Folgenden möchten wir Sie aus diesem Anlass mit dem Thema „Digitaler Nachlass“ vertraut machen und Handlungsmöglichkeiten vorstellen.

Definition des digitalen Nachlasses

Es existiert keine rechtliche Definition für den digitalen Nachlass. Unter dem weiten Begriff werden nach allgemeiner Auffassung unter anderem persönliche Konten mit eigenen Daten (z.B. Social Media Accounts, Websites, E-Mail-Konten), im Internet gespeicherte Texte, Bilder und Videos, Guthaben bei Online-Bezahldiensten, kostenpflichtige Vertragsbeziehungen mit Online-Dienstanbietern und digitale Inhalte wie elektronische Bücher und heruntergeladene Musikdateien gefasst.

Rechtliche Lage

Das Erbrecht unterscheidet nicht zwischen physischem und digitalem Nachlass. Gemäß Gesetz geht das ganze Vermögen des Verstorbenen* auf den Erben über, worunter auch die Gesamtheit des digitalen Nachlasses fällt. Für die Vererbbarkeit ist unbeachtlich, ob sich der digitale Nachlass auf einem lokalen Datenträger, dem Server des Erblassers oder auf einem fremden Server befindet. Eine Unterscheidung, insbesondere zwischen Eigentum und Vertragsverhältnissen, erfolgt erst beim Übergang des digitalen Vermögens. Das bedeutet, dass zwar grundsätzlich der gesamte digitale Nachlass vererbt wird, aber bei bestimmten Verträgen oder Vereinbarungen, die mit digitalen Gütern oder Dienstleistungen verbunden sind, weitere rechtliche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Besonders bei Verträgen ist zu beachten, dass im Todesfall nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten und Verbindlichkeiten übergehen.

Befugnisse des Erben am digitalen Nachlass

Wie der BGH mit Urteil vom 12. Juli 2018 (III ZR 183/17) höchstrichterlich festgestellt hat, steht dem Erben der Zugang zu den Benutzerkonten des Erblassers sowie den darin enthaltenen Inhalten zu. Weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers, noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht stehen entgegen.
Weiterhin umstritten und nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage der aktiven Nutzung der vererbten Accounts. Insoweit werden verschiedene Meinungen vertreten, die vom Untergang des Nutzungsrechts aufgrund der Höchstpersönlichkeit bis zum Vertragseintritt des Erben in sämtliche Rechte und Pflichten reichen. Die vermittelnde Ansicht geht von der Begründung eines eigenen Rechtsverhältnisses durch Weiternutzung des Accounts aus, wobei ein entsprechender Nachfolgehinweis für den Rechtsverkehr aufzunehmen ist.

Verfügung von Todes wegen

Möchte der Erblasser seinen digitalen Nachlass nicht, nur zum Teil oder an eine bestimmte Person weitergeben, sollten Regelungen in einem Testament getroffen werden. Hierbei gelten keine Sondervorschriften, sondern die gesetzlichen Form- und Inhaltsvorschriften über die Errichtung eines Testaments sind einzuhalten. Inhaltlich kommen einige Gestaltungsmöglichkeiten wie die Anordnung von Vermächtnissen, Testamentsvollstreckung oder Auflagen in Betracht.
Abgesehen von der testamentarischen Gestaltung hat der Erblasser bei einigen Anbietern die Möglichkeit in dem Nutzungskonto festzulegen, dass der Account bei Meldung oder Erkennung des Sterbefalls gelöscht wird.

Vorsorgevollmacht für den digitalen Nachlass

Neben der Verfügung von Todes wegen kann eine Vorsorgevollmacht für den digitalen Nachlass erstellt werden. Hiermit wird eine Vertrauensperson bevollmächtigt, zu Lebzeiten bei Geschäftsunfähigkeit sowie im Todesfall auf die digitalen Vermögenswerte des Vollmachtgebers zuzugreifen und diese zu verwalten. Dadurch wird eine sofortige Handlungsfähigkeit gesichert, ohne die Bestellung eines Betreuers abwarten zu müssen.

Übersicht über digitalen Nachlass

Unabhängig davon, ob der Erblasser ein Testament oder eine Vorsorgevollmacht für seinen digitalen Nachlass errichtet hat, besteht das tatsächliche Problem, sämtliche Konten sowie ihre Zugangsdaten zu kennen. Insofern sollte der Erblasser mit einer regelmäßig aktualisierten Liste vorsorgen. Um die Passwörter weiterhin zu schützen, kann ein digitaler Passwort-Manager eingesetzt werden oder die Liste in einem Safe aufbewahrt werden. In beiden Fällen sind dem Erben bzw. Bevollmächtigten wiederum die Zugangsdaten zum Passwort-Manager oder Safe zukommen zu lassen.

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