Digitaler Nachlass

Rechtsanwältin Olivia Roth
Das Verschicken von E-Mails, das Posten in sozialen Netzwerken und die Nutzung von Online-Bezahldiensten gehört für die meisten Menschen zu ihrem alltäglichen Leben.
Wenige machen sich jedoch zu Lebzeiten darüber Gedanken, was nach ihrem Tod mit ihren digitalen Lebensinhalten geschehen soll.
Im Folgenden möchten wir Sie aus diesem Anlass mit dem Thema „Digitaler Nachlass“ vertraut machen und Handlungsmöglichkeiten vorstellen.

Definition des digitalen Nachlasses

Es existiert keine rechtliche Definition für den digitalen Nachlass. Unter dem weiten Begriff werden nach allgemeiner Auffassung unter anderem persönliche Konten mit eigenen Daten (z.B. Social Media Accounts, Websites, E-Mail-Konten), im Internet gespeicherte Texte, Bilder und Videos, Guthaben bei Online-Bezahldiensten, kostenpflichtige Vertragsbeziehungen mit Online-Dienstanbietern und digitale Inhalte wie elektronische Bücher und heruntergeladene Musikdateien gefasst.

Rechtliche Lage

Das Erbrecht unterscheidet nicht zwischen physischem und digitalem Nachlass. Gemäß Gesetz geht das ganze Vermögen des Verstorbenen* auf den Erben über, worunter auch die Gesamtheit des digitalen Nachlasses fällt. Für die Vererbbarkeit ist unbeachtlich, ob sich der digitale Nachlass auf einem lokalen Datenträger, dem Server des Erblassers oder auf einem fremden Server befindet. Eine Unterscheidung, insbesondere zwischen Eigentum und Vertragsverhältnissen, erfolgt erst beim Übergang des digitalen Vermögens. Das bedeutet, dass zwar grundsätzlich der gesamte digitale Nachlass vererbt wird, aber bei bestimmten Verträgen oder Vereinbarungen, die mit digitalen Gütern oder Dienstleistungen verbunden sind, weitere rechtliche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Besonders bei Verträgen ist zu beachten, dass im Todesfall nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten und Verbindlichkeiten übergehen.

Befugnisse des Erben am digitalen Nachlass

Wie der BGH mit Urteil vom 12. Juli 2018 (III ZR 183/17) höchstrichterlich festgestellt hat, steht dem Erben der Zugang zu den Benutzerkonten des Erblassers sowie den darin enthaltenen Inhalten zu. Weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers, noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht stehen entgegen.
Weiterhin umstritten und nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage der aktiven Nutzung der vererbten Accounts. Insoweit werden verschiedene Meinungen vertreten, die vom Untergang des Nutzungsrechts aufgrund der Höchstpersönlichkeit bis zum Vertragseintritt des Erben in sämtliche Rechte und Pflichten reichen. Die vermittelnde Ansicht geht von der Begründung eines eigenen Rechtsverhältnisses durch Weiternutzung des Accounts aus, wobei ein entsprechender Nachfolgehinweis für den Rechtsverkehr aufzunehmen ist.

Verfügung von Todes wegen

Möchte der Erblasser seinen digitalen Nachlass nicht, nur zum Teil oder an eine bestimmte Person weitergeben, sollten Regelungen in einem Testament getroffen werden. Hierbei gelten keine Sondervorschriften, sondern die gesetzlichen Form- und Inhaltsvorschriften über die Errichtung eines Testaments sind einzuhalten. Inhaltlich kommen einige Gestaltungsmöglichkeiten wie die Anordnung von Vermächtnissen, Testamentsvollstreckung oder Auflagen in Betracht.
Abgesehen von der testamentarischen Gestaltung hat der Erblasser bei einigen Anbietern die Möglichkeit in dem Nutzungskonto festzulegen, dass der Account bei Meldung oder Erkennung des Sterbefalls gelöscht wird.

Vorsorgevollmacht für den digitalen Nachlass

Neben der Verfügung von Todes wegen kann eine Vorsorgevollmacht für den digitalen Nachlass erstellt werden. Hiermit wird eine Vertrauensperson bevollmächtigt, zu Lebzeiten bei Geschäftsunfähigkeit sowie im Todesfall auf die digitalen Vermögenswerte des Vollmachtgebers zuzugreifen und diese zu verwalten. Dadurch wird eine sofortige Handlungsfähigkeit gesichert, ohne die Bestellung eines Betreuers abwarten zu müssen.

Übersicht über digitalen Nachlass

Unabhängig davon, ob der Erblasser ein Testament oder eine Vorsorgevollmacht für seinen digitalen Nachlass errichtet hat, besteht das tatsächliche Problem, sämtliche Konten sowie ihre Zugangsdaten zu kennen. Insofern sollte der Erblasser mit einer regelmäßig aktualisierten Liste vorsorgen. Um die Passwörter weiterhin zu schützen, kann ein digitaler Passwort-Manager eingesetzt werden oder die Liste in einem Safe aufbewahrt werden. In beiden Fällen sind dem Erben bzw. Bevollmächtigten wiederum die Zugangsdaten zum Passwort-Manager oder Safe zukommen zu lassen.

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