Straftatbestände eines Unternehmers – Teil 1

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Rechtsanwalt Jonas Straßer
Der Alltag von Unternehmern und Geschäftsführern ist von Eile, Verantwortung und Entscheidungskompetenz geprägt. Viel Kommunikation, Vertrauen zu Mitarbeitern und klare Regeln sind heute unerlässlich, um den eigenen Betrieb und das Geschäft zu führen.
Gleichzeitig besteht hierdurch eine Vielzahl von Fallstricken, die man in all dem Trubel schnell aus dem Blick verlieren kann – eine Gelegenheit für uns, in der folgenden Serie von Newslettern ausgewählte Straftatbestände, die insbesondere für Unternehmer und Geschäftsführer relevant sind, zu benennen und zu erläutern.

Untreue, § 266 StGB

Mit dem Untreuestraftatbestand gem. § 266 StGB (zusammen mit Betrug gem. § 263 StGB) sieht der Gesetzgeber die zentrale strafrechtliche Regelung zur Sicherung fremden Vermögens eines Treugebers vor (vgl. BGH, 17. November 1955 – Az. 3 StR 234/55). Voraussetzung ist hierbei (i.d.R.), dass ein Dritter eine Pflicht zur Vermögensbetreuung gesetzlich oder vertraglich begründet trägt. Insbesondere ein Geschäftsführer oder ein faktischer Geschäftsführer z. B. trägt die Vermögensbetreuungspflicht für die Gesellschaft, selbst wenn er geschäftsführender Alleingesellschafter ist (vgl. BGH, 20. Mai 1981 – Az. 3 StR 94/81). Tatbestandlich ist sowohl der Missbrauch einer eingeräumten Befugnis (Missbrauchstatbestand), als auch der Missbrauch der tatsächlichen Einwirkungsmacht (Treubruchtatbestand) erfasst. Beispiele sind Haushalts- und Amtsuntreue, Risikogeschäfte, sog. „Schwarze Kassen“, Kreditbewilligungen oder auch fehlende wirtschaftliche Planung. Eine rechtfertigende Einwilligung ist denkbar, wenn alle Gesellschafter unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung zustimmen und das Stammkapital der Gesellschaft nicht beeinträchtigt wird oder die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft nicht auf andere Weise gefährdet wird.

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a StGB

Der Arbeitgeber ist arbeits- und sozialversicherungsrechtlich verpflichtet, Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung abzuführen. Der Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gem. 266a StGB stellt einen Verstoß gegen diese Pflichten im Rahmen der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung zusätzlich unter Strafe. Geschuldete Beiträge sind alleine Arbeitnehmeranteile, für die der Arbeitgeber haftet und die bei der Auszahlung des Arbeitslohns zum Abzug berechtigen. Der Straftatbestand wird bei Scheinselbstständigkeit (hier neben Steuerhinterziehung) insbesondere verwirklicht und kann zudem bereits verwirklicht sein, selbst wenn Arbeitslohn ausbezahlt wird. Weil ein Verdacht der Tatbestandsverwirklichung durch verschiedene Stellen und in unterschiedlichen Konstellationen auftreten und gemeldet werden kann (Fragebögen der Krankenkassen, Meldungen der Rentenversicherungen, Zollprüfungen, Insolvenz etc.), stellt das fehlende Abführen von Arbeitnehmerbeiträgen einen der am häufigsten verfolgten Straftatbestände in der Bundesrepublik Deutschland dar. Täter können die vertretungsberechtigten Organe (Geschäftsführer), Beauftragte oder deren gleichgestellte Personen sein. Fehlende Liquidität lässt im Übrigen den Straftatbestand nicht entfallen; hier hat der Arbeitgeber seine Zahlungsunfähigkeit sofort zu offenbaren. Eine Rechtfertigung durch die Einwilligung des Arbeitsnehmers kann – zur Bekämpfung von sog. Schwarzarbeit – nicht erfolgen.

Versicherungsmissbrauch, § 265 StGB

Der Straftatbestand des Versicherungsmissbrauchs gem. § 265 StGB schützt die Sachversicherungen vor einem betrügerischen Vortäuschen von Versicherungsfällen. Tathandlungen sind alle Handlungen, die den Eintritt des Versicherungsfalls bewirken, etwa eine Beschädigung, eine Zerstörung, eine Beeinträchtigung der Brauchbarkeit und auch ein Beiseiteschaffen der versicherten Sache. Auch der Versuch ist strafbar, etwa wenn eine Tathandlung mit Vorhaben, im Anschluss eine Versicherungsleistung zu erhalten, vorgenommen wird.

Betrug, § 263 StGB

Mit dem Straftatbestand des Betrugs schützt der Gesetzgeber das Vermögen und damit alle wirtschaftlichen Güter, die nach der Rechtsordnung einer natürlichen oder juristischen Person (oder dem Staat) zugeordnet sind (vgl. BGH, 18. Juli 1961 – Az. 1 StR 606/60). Für den Straftatbestand verwirklicht eine natürliche Person eine Täuschungshandlung über Tatsachen, über die der Getäuschte irrt und dadurch über Vermögensgegenstände verfügt, welche Verfügung sodann zu einem Schaden bei dem Getäuschten oder Dritten führt. Täuschungshandlungen sind etwa das Vorspielen unwahrer Tatsachen, das Entstellen wahrer Tatsachen oder das Unterdrücken wahrer Tatsachen. Auch durch ein Unterlassen kann bei einer entsprechenden gesetzlichen oder vertraglichen sog. Garantenstellung eine Täuschung erfolgen, etwa bei Unterlassen der Anzeige von erheblichen Umständen eines Versicherungsnehmers, da dieser zur Anzeige solcher Umstände gesetzlich verpflichtet ist.

Computerbetrug, § 263a StGB

Da der Straftatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB den Irrtum eines Menschen voraussetzt, ergänzt der Gesetzgeber mit dem Straftatbestand des Computerbetrugs gem. § 263a StGB die entsprechende Strafbarkeitslücke des Irrtums eines Datenverarbeitungsvorgangs. Tathandlungen hierbei sind das unrichtige Gestalten eines Programms, das Verwenden unrichtiger oder unvollständiger Daten oder das unbefugte Verwenden von Daten. Konkrete Beispiele sind das Verwenden einer rechtwidrig erlangten EC-Karte oder die Benutzung einer manipulierten EC-Karte am Geldautomaten.

Die weiteren Straftatbestände werden im Rahmen dieser Serie von Newslettern gesondert erläutert.

Weitergehende Rechtsfolgen einer Straftat

Bei der Bewertung der Rechtsfolgen einer Straftat darf nicht alleine auf die drohende Höhe eines Strafausspruchs des Gerichts abgestellt werden. Das Gesetz knüpft in zahlreichen Konstellationen an etwaige Verurteilungen an und setzt bereits gesetzlich Rechtsfolgen. Beispielsweise können verurteilte Straftäter u.U. nicht Geschäftsführer einer GmbH sein, es kann der Entzug einer Waffenerlaubnis oder der Entzug einer Jagderlaubnis erfolgen oder die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden nach § 35 GewO kann erkannt werden.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass hier nur ein ausgewählter Auszug von Straftatbeständen erläutert wird. Die Ausführungen sind nicht vollständig. Insbesondere ist zugleich zu beachten, dass nicht nur die Verwirklichung der Tat selbst bestehen kann, sondern auch strafbewährte Konstellationen der Anstiftung, Beihilfe und Mittäterschaft.

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