Ärzte-Rundschreiben Nr. 1/2022

Praxisvertreter sozialversicherungspflichtig?

 

Die Deutsche Rentenversicherung hat die Vertretungstätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft. Das BSG hat dies bestätigt (B 12 R1/21 R vom 19.10.2021). Eine eigentlich im Krankenhaus angestellte Oberärztin hat in einer gastroenterologischen Gemeinschaftspraxis Vertretungstätigkeiten (Urlaub/Krankheit) ausgeübt. Sie führte u.a. endoskopische Untersuchungen durch, schrieb Befundberichte und gab Therapieempfehlungen. Die Vergütung erfolgte nach abgeleisteten Praxisstunden. Sowohl die Deutsche Rentenversicherung als auch das BSG stellten fest, dass die Oberärztin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig ist. Sie sei insbesondere hinsichtlich der Zuweisung bestimmter Patienten weisungsgebunden. Sie war in die Arbeitsabläufe eingegliedert, arbeitete mit dem Praxispersonal zusammen und nutzte kostenfrei die Einrichtungen und das Praxismaterial der Gemeinschaftspraxis.

Tipp: Vor Abschluss von Vertretungsverträgen sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt sein. Weiterhin sollte vorab der sozialversicherungsrechtliche Status über ein Statusfeststellungsverfahren geklärt sein.

Gewerbliche Abfärbung einer Gemeinschaftspraxis
mit Zweigstelle

 

Angestellte Ärzte und Gesellschafter „auf Probe“ dürfen Zweigstellen nicht eigenverantwortlich und weisungsgebunden führen. Da die anderen Gesellschafter die Leistungen einer Ärztin „auf Probe“ nicht umfassend selbst begutachtet oder in anderer Weise darauf Einfluss genommen haben, führte dies dazu, dass die in der Zweigstelle erzielten Einkünfte als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren waren. Dies hat das FG Münster in seiner Entscheidung vom 26. November 2021,1 K1193/18 G, F entschieden. Aufgrund der Abfärbetheorie führte dies dazu, dass auch die übrigen erzielten Einkünfte der Berufsausübungs­gemeinschaft insgesamt als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren waren.

Tipp: Leiten Sie Ihre angestellten Ärzte / “Ärzte auf Probe“ an, überwachen Sie die Arbeitsergebnisse und dokumentieren Sie dies. Legen Sie als Praxisinhaber für den Einzelfall die Behandlungsmethode fest und behalten Sie sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vor. Auf jeden Fall sehen wir hier Beratungsbedarf!

    eAU und E-Rezept: Umstellung in den Praxen bis zum 01.07.2022

     

    Zum 01.07.2022 müssen Praxen spätestens auf eAU und E-Rezept umgestellt sein, um diese Fälle nicht mehr papierhaft zu bedienen. Die Einführung des E-Rezepts sowie der eAU soll u. a. die Medikation sicherer machen, die „Zettelwirtschaft“ im gesamten Prozess beenden sowie ärztliche Verordnungen nach einer Videosprechstunde vereinfacht ermöglichen. Das ursprünglich angestrebte Datum der verpflichtenden, bundesweiten Einführung zum 01.01.2021 hatte sich kürzlich als nicht haltbar herausgestellt.

    Zum Hintergrund: Bereits 10/2021 sollte das E-Rezept auf freiwilliger Basis an den Start gehen. Die Anlaufschwierigkeiten sind großteils auf die Praxissoftware zurückzuführen. Laut KBV stellten bisher nur sehr wenige Software-Anbieter den Praxen die entsprechenden Updates zur Verfügung.

      Hygienezuschlag für Haus- und Fachärzte ab 01.01.2022

       

      Der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) hatte im Sommer diesen Jahres den finanziellen Ausgleich für die allgemeinen Hygienekosten in Arztpraxen auf 98 Mio. € beziffert; aktuell wurde die Verteilung dieses Mehrbedarfs für Hygieneaufwendungen festgelegt. Damit sollen die gestiegenen Kosten u. a. für die Verwendung diverser Hygiene-Produkte, Hygieneberatungen oder Fortbildungen aufgefangen werden. Hintergrund ist, dass der Anstieg der Hygienekosten laut KBV bis dato weder im EBM noch im Orientierungswert ausreichend erfasst sei. Der Beschluss des EBA wurde laut KBV gegen die Stimmen der Krankenkassen gefasst. Nach Angaben der KBV ergibt sich aus dem Beschluss für Praxen ein Zuschlag von 2 Punkten, der ab 01.01.2022 zu jeder Grund-, Versicherten- und Konsiliarpauschale gezahlt wird. Damit beträgt der Aufschlag rund 22,5 Ct. pro Fall. Der Zuschlag auf die allgemeinen Hygienekosten ist fachübergreifend gleich hoch; ausgenommen sind Fälle, die als reiner Videokontakt stattfinden.

        Investitionsförderung – Digital jetzt

         

        Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt Sie bei Ihren Investitionen in digitale Technologien und in die Qualifizierung Ihrer Beschäftigten. Dies ist in zwei Modulen möglich:

        Modul eins: Investitionen in digitale Technologien, wie zum Beispiel Implementierungen digitaler Technologien durch Dritte, insbesondere Hardware und Software die der Vernetzung Ihrer Praxis dient.

        Modul zwei: Investitionen in die Qualifizierung Ihrer Mitarbeiter, insbesondere um Ihre Belegschaft im Umgang mit digitalen Technologien zu qualifizieren. Sie erhalten die Förderung als Zuschuss. Die Höhe des Zuschusses beträgt bis zu 40 % der förderfähigen Kosten plus Bonusprozentpunkte; höchstens 50.000 €. Eine erhöhte Förderung (Bonusprozentpunkte) erhalten Praxen in strukturschwachen Regionen:
        +10 Prozentpunkte.

        Reichen Sie Ihren Antrag bitte vor Beginn Ihrer Maßnahmen online über das Antragstool beim BMWi oder dem von ihm beauftragten Projektträger ein.

        • Die Förderung ist an folgende Bedingungen geknüpft:
        • Ihre Investitionen müssen in Deutschland erfolgen
        • Sie müssen einen Digitalisierungsplan erstellen
        • Weiterbildungsanbietende müssen die Zertifizierung für Qualifizierungsmaßnahmen, eine gesetzliche Anerkennung oder Belege für die Qualitätssicherung des Angebots nachweisen
        • zum Zeitpunkt der Antragstellung beschäftigen Sie zwischen drei und 499 Mitarbeiter

        Elektronischer Heilberufsausweis:
        Lohnsteuerliche Behandlung von Arbeitgeberzuschüssen

         

        Erörtert wurde die Frage, wie Arbeitgeberzuschüsse zum elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) lohnsteuerlich zu behandeln sind. Im Ergebnis hat das Finanzministerium Thüringen beschlossen, dass ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers und somit kein Arbeitslohn anzunehmen sind, wenn der Arbeitgeber die Kosten für den Erwerb des eHBA durch seine in Heilberufen tätigen Arbeitnehmer übernimmt. In der Folge kommt ein Abzug der Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb und die Nutzung des eHBA als Werbungskosten nur in Betracht, soweit die Aufwendungen vom Arbeitgeber nicht erstattet wurden.

        Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei vorgenannten Ausführungen lediglich um eine Momentaufnahme des aktuellen Sachstands handelt, der sich jederzeit ändern kann.

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        Ihr Team von der Fachabteilung Gesundheitswesen.

         

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        Simone Görg Steuerberaterin / Fachberaterin für das Gesundheitswesen (DStV e.V.)
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