Aktuelle BGH-Urteile zu Negativzinsen

Aktuelle BGH-Urteile zu Negativzinsen

mitarbeiterin oliva roth
Rechtsanwältin Olivia Roth
Am 4. Februar 2025 fällte der Bundesgerichtshof (BGH) vier maßgebliche Urteile zur Wirksamkeit von Klauseln betreffend Negativzinsen (auch Verwahrentgelt genannt). Diese Urteile klären die Zulässigkeit von Verwahrentgelten bezogen auf verschiedene Kontotypen.
Nachfolgend erläutern wir die wesentlichen Aussagen der Urteile und mögliche Rückforderungsansprüche von betroffenen Bankkunden.

Hintergrund

Im Juni 2014 führte die Europäischen Zentralbank (EZB) einen negativen Leitzins ein, um Einlagen der Banken bei der EZB unattraktiv zu machen und eine erhöhte Kreditvergabe der Banken zu fördern. Infolge der Niedrigzinspolitik der EZB führten zahlreiche Kreditinstitute sogenannte Negativzinsen ein. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen einiger Banken und Sparkassen haben ein Verwahrentgelt von Guthaben ab einem bestimmten Betrag aufgenommen. Dies wurde von Verbraucherschutzverbänden kritisiert, die daraufhin Klagen eingereicht haben, über welche der BGH nun entschieden hat.

Kernaussagen der Urteile

Der BGH erklärte in seinen Urteilen die Unwirksamkeit von Klauseln zu Verwahrentgelten in Verträgen über Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten in den vorliegenden Fällen. Allerdings sind die Aussagen für die jeweiligen Kontotypen differenziert zu betrachten, da die genaue Formulierung der Vertragsklauseln für jeden Einzelfall entscheidend ist.

Tagesgeld- und Sparkonten

Der BGH erklärte die Erhebung von Negativzinsen auf Tagesgeld- und Sparkonten für unzulässig. Einlagen auf Tagesgeld- und Sparkonten dienen laut dem BGH nicht nur der sicheren Verwahrung von Geldern, sondern darüber hinaus auch Anlage- und Sparzwecken. Verwahrentgelte widersprechen diesem Zweck und verstoßen gegen das Gebot von Treu und Glauben.  Dies benachteiligt den Verbraucher unangemessen und führt zur Unwirksamkeit der Klausel.

Girokonten

Im Gegensatz dazu hält der BGH die Erhebung von Verwahrentgelten für Guthaben auf einem Girokonto grundsätzlich für zulässig. Allerdings sind solche Klauseln transparent zu formulieren. Beim vorliegenden Fall wurde die Verwahrentgeltklausel als intransparent und damit unwirksam erachtet. Der Verbraucher wurde nicht hinreichend darüber informiert, auf welches Guthaben sich das Verwahrentgelt bezieht. Bei einem Girokonto kann sich das Guthaben innerhalb eines Tages durch Zahlungsein- und -ausgänge mehrfach verändern. Insofern muss dem Bankkunden bekannt sein, welches konkrete Guthaben für die Berechnung des Verwahrentgelts maßgeblich ist.

Rückzahlungsansprüche der betroffenen Bankkunden

Die Niedrigzinspolitik der EZB fand zwischen Juni 2014 und Juli 2022 statt. In dieser Zeit haben zahlreiche Kunden Negativzinsen bezahlt. Der BGH hat in seinen Urteilen nicht darüber entschieden, ob in den vorliegenden Fällen ein individueller Rückzahlungsanspruch besteht, da Verbraucherschutzverbände und nicht einzelne Personen geklagt hatten.

Nachdem nun höchstrichterlich festgestellt wurde, dass die Erhebung von Verwahrentgelte auf Spar- und Tagesgeldkonten unzulässig ist, besteht grundsätzlich ein Rückzahlungsanspruch. Dieser könnte jedoch aufgrund der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren bereits größtenteils verjährt sein. Für im Jahr 2022 gezahlte Verwahrentgelte endet die Verjährungsfrist erst zum 31. Dezember 2025. Unter bestimmten Umständen könnte die Verjährung zudem gehemmt sein oder die Bank auf die Einrede der Verjährung verzichten. Die Hemmung der Verjährung liegt unter anderem vor, wenn zwischen dem Kunden und der Bank Verhandlungen über den Anspruch auf das Verwahrentgelt geführt wurden oder ein rechtliches Verfahren auf Feststellung des Anspruchs eingeleitet wurde.

Hinsichtlich der Negativzinsen bei Girokontoverträgen ist die entsprechende Klausel im Vertrag auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Sollte diese intransparent sein, kann ebenfalls ein Rückzahlungsanspruch bestehen. Es ist davon auszugehen, dass die meisten Girokontoverträge unwirksame Bestimmungen zu Negativzinsen enthalten. Die Ausführungen zur Verjährung gelten entsprechend.

Handlungsvorschlag

Bankkunden, die in der Vergangenheit Negativzinsen bezahlt haben, sollten diese unter Bezugnahme auf die BGH-Urteile vom 4. Februar 2025 (XI ZR 183/23, XI ZR 161/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 61/23) gegenüber ihrer Bank uneingeschränkt zurückfordern. Es liegt dabei im Ermessen der Bank, ob sie die Einrede der Verjährung erhebt und die Wirksamkeit des Girokontovertrags entgegenhält.

Fazit

Die Urteile des BGH bringen Klarheit hinsichtlich der Wirksamkeit von Negativzinsen. Während Verwahrentgelte für Tagesgeld- und Sparkonten unzulässig sind, können sie bei Girokonten wirksam sein, solange die Klausel transparent formuliert wurde. Für betroffene Bankkunden ergibt sich daraus der rechtliche Anspruch, bereits gezahlte Verwahrentgelte zurückzufordern – sofern noch keine Verjährung eingetreten ist.

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